Weinheims Windkraftpläne gescheitert: Landratsamt erlaubt Stadt keine Windkonzentrationszone im Landschaftsschutzgebiet

Das jahrelange Ringen um eine Windkonzentrationszone (WKZ) im Weinheimer Wald hat – zumindest Vorläufig – ein glückliches Ende gefunden: Um eine WKZ auf dem „Goldkopf“ ausweisen zu können (Foto) hatte die Stadt Weinheim beantragt das dortige Landschaftsschutzgebiet (LSG) zu „zonieren“ – also faktisch die Natur- und Landschaftsschutzregelungen des LSG dort abzuschaffen.  Aber: Was inoffiziell bereits seit Jahren bekannt war ist nun offiziell: Das Landratsamt bemängelte bei dem geplanten Eingriff die Verhältnismäßigkeit. Der an diesem Standort im Wald angerichtete Schaden an Natur und Landschaft steht in keinem Verhältnis zu dem anführten Nutzen durch Klimaschutz – eine Genehmigung zur Zonierung verweigert die Untere Naturschutzbehörde (Landratsamt Rhein-Neckar) deshalb. Damit sind die Windkraftpläne der Stadt Weinheim gescheitert – ohne „Zonierung“ des LSG ist Windkraft dort nicht möglich. Der diese Woche – einen Tag vor dem 5. Weinheimer Windkraftforum – verkündeten Entscheidung des Landratsamtes ging ein jahrelanger „Windkraftkrimi“ zwischen Umweltministerium, Landratsamt, Regierungspräsidium und der Stadt Weinheim voraus. Der Vorgang hat durchaus Bedeutung für die geplanten Windkronzentrationszonen im Nachbarschaftsverband Mannheim-Heidelberg. Hier ein ausführlicher Blick auf den Vorgang:

Bereits 2014 – also vor 4 Jahren (!) – hatte die Stadt Weinheim gegen den Protest der Weinheimer Bürgerinitiative „Gegenwind Weinheim“ beschlossen eine Windkonzentrationszone innerhalb des Landschaftsschutzgebietes „Bergstraße-Nord“ auf dem Goldkopf auszuweisen. Als großindustrielle Anlagen sind Windkraftanlagen nicht mit den Schutzbestimmungen des LSG zu vereinbaren. Dass die Stadt Weinheim überhaupt auf die Idee kam innerhalb eines LSG Windkraftanlagen zu planen liegt an einer Verordnung des GRÜNEN Umweltministeriums Baden-Württemberg: Im Jahr 2012 erließ Franz Untersteller den „Windenergieerlass Baden-Württemberg“ in welchem das Konzept einer  „Zonierung“ von Landschaftsschutzgebieten  eingeführt wurde – also eine Zurückstellung des Natur- und Landschaftsschutzes innerhalb von Landschaftsschutzgebieten zugunsten von Windkraftanlagen (WKA). Von solch einer Zonierung des Landschsftsschutzgebietes wollte die Stadt Weinheim Gebrauch machen. Da über eine derartige „Zonierung“ im Landschaftsschutzgebiet „Bergstraße Nord“ die Untere Naturschutzbehörde (also das Landratsamt Rhein-Neckar) entscheidet legte die Stadt Weinheim einen entsprechenden Antrag im Landratsamt vor. Glücklicherweise ist die Untere Naturschutzbehörde in Baden-Württemberg eine eigenständig entscheidende Behörde – sie ist NICHT Weisungsgebunden gegenüber der übergeordneten Oberen Naturschutzbehörde im Regierungspräsidium Karlsruhe oder gar gegenüber dem Umweltministerium in Stuttgart. Als nun aber bekannt wurde, dass das Landratsamt einer Zonierung des Landschaftschutzgebietes nicht zustimmen werde schaltete der GRÜNE Landtagsabgeordnete in Weinheim (Skerl) das Umweltministerium seines GRÜNEN Fraktionskollegen Untersteller ein. In Folge dessen wurde die dem Umweltministerium unterstellte (und gegenüber dem Ministerium weisungsgebundene) Obere Naturschutzbehörde im Regierungspräsidium Karlsruhe aktiviert und prüfte im Rahmen der Fachaufsicht ob denn die ablehnende Haltung der Unteren Naturschutzbehörde fachlich richtig sei und auch den Windenergieerlass des Umweltministers hinreichend berücksichtigt wurde … (ein Schelm wer bösen denkt) und so wurde nun jahrelang vor sich hin geprüft bis schließlich diese Woche das LRA Rhein-Neckar endlich bekannt gab, dass auch die Prüferei von Umweltministerium und Regierungspräsidium letztlich zum Ergebnis kam, dass die ablehnenden Haltung der Unteren Naturschutzbehörde fachlich und rechtlich nicht beanstandet werden kann.

Bedeutung des Weinheimer Falls für den Nachbarschaftsverband Mannheim-Heidelberg

Für die Windkraftplanungen des Nachbarschasftverbandes Mannheim-Heidelberg ist dabei interessant, dass auch hier fast alle potenziellen Windkonzentrationszonen WZK im Wald und zugleich auch  innerhalb eines LSG liegen.  Und auch hier müsste als  Untere Naturschutzbehörde das Landratsamtes Rhein- Neckar (bzw. Kreis Heidelberg) einer Zonierung der LSG zustimmen um die Ausweisung von WKZ an diesen Standorten zu ermöglichen. Zumindest das Landratsamt Rhein-Neckar hat deutlich gemacht dass es nicht so einfach geht wie es das GRÜNE Umweltministertium gern hätte – und mit dem Verweis auf „Klimaschutz“  einfach der Natur- und Landschaftsschutz an diesen Standorten  durch „Zonierungen“ zugunsten von Windindustrieanlagen zurückgestellt wird.

Noch interessanter ist der Vorgang aber in Hinblick auf die auch vom Nachbarschaftsverband bzw. dessen Geschäftsführer Herrn Müller unermüdlich wiederholte These: „Ohne Flächennutzungsplan und die Ausweisung von WKZ  kommt im Nachbarschaftsverband der Windkraftwildwuchs und „überall“ könnten WKA entstehen“. Wie sich am Beispiel Weinheims zeigt ist es genau umgekehrt: Höchstens wenn der Nachbarschaftsverband WKZ in einem LSG ausweist und die betroffene Kommune dann bei der Unteren Naturschutzbehörde einen Antrag auf „Zonierung“ stellt könnten Windräder dort entstehen. Denn wenn bereits dem Begehren der Stadt Weinheim auf ihrer Gemarkung WKZ innerhalb eines LSG auszuweisen von der Unteren Naturschutzbehörde ein Riegel vorgeschoben wird, dann wird ein privater Waldbesitzer der JUWI seine Flächen anbietet (so wie das derzeit bei Beerfelden/Oberzent der Fall ist) erst recht von der Unteren Naturschutzbehörde keine Genehmigung innerhalb eines bestehenden Landschaftsschutzgebietes bekommen. Fazit: Windkraftwildwuchs ist in den Wäldern des Nachbarschaftsverbandes Mannheim-Heidelberg derzeit faktisch ausgeschlossen da fast alle Flächen bereits als LSG oder gar als FFH Gebiet geschützt sind. Nur wenn sich die Kommunalpolitiker von der „WKA-Wildwuchsbedrohung“ von Herrn Müller ins Boxhorn jagen lassen und selbst beantragen dass ein LSG auf ihrer Gemarkung „zoniert“ – also faktisch abgeschafft – wird… erst dann besteht die Gefahr dass Windkraftanlagen in den Wäldern entstehen könnten. Und selbst dann kann es passieren dass das Landratsamt der Zonierung des LSG nicht zustimmt – wie wir gerade am Fall Weinheims gelernt haben.

Ein „Hoch“ auf das Subsidiaritätsprinzip und die Unabhängigkeit der Unteren Naturschutzbehörden in Baden-Württemberg… und Beamte die Ihren Auftrag Natur- und Landschaft zu schützen trotz Gegenwindes von  übergeordneten Stellen fachlich ernst nehmen.

Weitere Informationen zum Weinheimer Windkraftkrimi: