Informationsstände von 11 Bürgerinitiativen, ein reger Austausch zwischen Bürgerinitiativen und interessierten Bürgerinnen und Bürgern sowie Vorträge und Disukssionen im Vortragssaal: Das erste länderübergreifende Netzwerk- und Informationstreffen der Bürgerinitativen des odenwaldes in der der gut gefüllten Halle 02 in Heidelberg hat die Hoffnungen und Erwartungen der organisierenden Bürgerinitiativen voll erfüllt. Weiter Treffen sind für Anfang 2016 vorgesehen.
Presse: Die Rhein-Neckar-Zeitung (RNZ) berichtete am 1.12.2015
„Es kommt der Punkt, da müssen wir alle den Mund aufmachen“
Treffen von Odenwälder Bündnissen gegen den Ausbau von Windkraftanlagen – Aktive berichteten von ihren Erfahrungen – Landschaften seien kulturhistorisch wertvoll
Von Sabine Hebbelmann
Heidelberg. „Sie sitzen im Vorfilm, wir sind schon mittendrin.“ Silke Müller-Althauser lebt im Soonwald im Hunsrück und hat den Windkraftausbau dort miterlebt. Bei einem Treffen Odenwälder Bürgerinitiativen in der Halle 02 in Heidelberg berichtet sie von ihren Erfahrungen.
Begonnen habe alles mit einigen Bürgerwindrädern. „Das fanden wir gut“, erinnert sie sich. Doch dann seien nach und nach immer mehr und höhere Anlagen hinzugekommen. Sie zeigt ein zehn Jahre altes Foto von einem Dorf im Hunsrück, eingebettet in eine weite Landschaft und dann ein aktuelles Foto der gleichen Ansicht. Ein Raunen geht durch das Publikum. „Um Himmels Willen!“ Das Dorf wird überragt von einem „Wald“ aus 200 Meter hohen Windrädern. Als 16 Anlagen vor ihrem Haus gebaut wurden, begannen die Probleme. „Bei bestimmten Wetterlagen können wir nachts nicht mehr schlafen und übernachten im Hotel – eine Freundin aus Heidelberg hat mir sogar lebenslanges Asyl angeboten“, erzählt sie. Müller-Althauser gründete eine Bürgerinitiative.
Wenigstens ein Stück vom Soonwald, ihrer Wahlheimat, will sie noch retten. „Die Menschen identifizieren sich mit der Landschaft und erfahren einen Heimatverlust“, berichtet sie und zitiert Landrat Marlon Bröhr: „Es kommt der Punkt, da müssen wir alle aufstehen, den Mund aufmachen und sagen: Es reicht!“
Zu dem Treffen eingeladen hat das Bündnis „Rettet den Odenwald“, das eine Vernetzung der Initiativen im Odenwald über die Ländergrenzen hinweg zum Ziel hat. Die lebensgroße Plastik eines Schwarzstorchhorstes hat die Initiative Hoher Odenwald (IHO) aufgebaut. Rund um den Markgrafenwald bei Waldbrunn, wo ein Windpark geplant ist, konnte die Initiative vier Revierpaare des bedrohten Vogels nachweisen.
Die IHO ist eine von elf Bürgerinitiativen, deren Mitglieder sich mit grünen Schals an Ständen präsentieren und den Austausch suchen. Die meisten kommen aus Hessen, wo die Windparkplanungen am weitesten gediehen sind. Maria Lilek-Schirmer von der BI Greiner Eck berichtet über den aktuellen Stand an der Windkraftfront bei Neckarsteinach und Hirschhorn. Die Initiative habe sich die Antragsunterlagen besorgt, verschiedene Gutachten und eine Umweltverträglichkeitsprüfung verlangt und ein Jahr Aufschub erreicht. „Wir haben alles getan, was wir tun konnten.“ Nun liege es am Regierungspräsidium Darmstadt, über den Bauantrag zu entscheiden.
Geschichtsstudent Lars Maurer unterhält sich angeregt mit Mitgliedern der Initiative „Gegenwind Hirschberg“. Er hält die Landschaft des Odenwalds für kulturhistorisch wertvoll. Andreas Zoeltner hat ein Poster mit Odenwälder Landschaftsbildnissen der Romantik mitgebracht, darunter solche des Heidelberger Malers Carl Philipp Fohr. Er zeigt auf verschiedene Ansichten: „Das können Sie heute noch genau so fotografieren.“
Deutschland erlebe derzeit das „Energiewende-Paradox“: Steigende Treibhausgasemissionen trotz steigender Anteile erneuerbarer Energien, sagt der Heidelberger Geograf Richard Leiner, Initiator von „Rettet den Odenwald“, bei einem Podiumsgespräch. „Solange die Konstruktionsfehler der Energiewende weiter bestehen, zerstören wir mit der bestehenden Förderpolitik unsere Natur und Heimat sinnlos und verhindern eine echte Energiewende.“
Als Ärztin und Vorsitzende der IHO sorgt sich Dorothea Fuckert um mögliche Gesundheitsgefahren durch Infraschall. Es sei noch nicht nachgewiesen, dass dieser unschädlich sei, der Deutsche Ärztetag fordere, diese Lücke zu schließen. Ihr Vorstandskollege Michael Hahl betont, durch das neue Label „Unesco Global Geopark“ habe der Geo-Naturpark Bergstraße-Odenwald jetzt den gleichwertigen Rang wie Unesco-Welterbestätten und Unesco-Biosphärenreservate. Er könnte diesen Status durch den Windkraftausbau aber in wenigen Jahren wieder verlieren.