Archiv für den Monat: Dezember 2014

BUND Vorsitzender in RLP wegen Windkraft zurückgetreten

11.Dezember 2014
Erklärung des Landesvorsitzenden des BUND Rheinland-Pfalz, Harry Neumann
Liebe Freundinnen und Freunde der Erde,
ich stehe ab heute nicht mehr als Landesvorsitzender des BUND Rheinland-Pfalz zur Verfügung.

Der Konflikt zwischen „Windkraft“ und „Naturschutz“ hat unseren Verband tief erschüttert und wird längst nicht mehr sachlich ausgetragen, obwohl wir m.E. ein gutes und ausgewogenes Fundament zum naturverträglichen Ausbau der Windkraft haben. Die sichtbaren Folgen sind mittlerweile leider neben unterschiedlichen Auffassungen in der Sache, auch persönliche Verwerfungen, Konflikte und sehr unschöne Agitationen. Der gesamte Vorstand trägt für diese Entwicklung die Verantwortung. Als Vorsitzender nehme ich meinen Teil der Verantwortung wahr und stehe ab heute als Landesvorsitzender nicht mehr zur Verfügung.

Ich finde dies ist umso bedauerlicher, als unsere ehrenamtlichen Aktiven in den Kreis- und Ortsgruppen eine hervorragende, engagierte und vielfältige Arbeit leisten, die unser aller Wertschätzung verdient: „Wildkatzensprung“, Wasserprojekte, „Grüner Wall im Westen“, Wiesenprojekte, „TIPP“, sind nur einige Beispiele unserer vielfältigen Arbeit.

Das Engagement für den Natur- und Artenschutz ist für mich eine tragende Säule meines ehrenamtlichen Handelns im BUND. Die Entwicklungen der letzten Monate lassen mich zweifeln, ob ich dieses Engagement noch weiter im jetzigen Vorstand einbringen kann, der seine Rolle als Korrektiv der Landespolitik aus meiner Sicht unzureichend wahrnimmt. Wenn es um die Einhaltung des Naturschutzes geht, unabhängig von dem konkreten Vorhaben, ist für mich der Artenschutz nicht verhandelbar. Dies geschieht aber dann, wenn der Arten-, Natur- und Landschaftsschutz – verankert in der Satzung des BUND – sich der „Energiewende“ unterzuordnen hat und bei der Abwägung zwischen Artenschutz und Umweltschutz auch grobe Verstöße gegen geltendes Naturschutzrecht in Kaufgenommen werden.
Ich wünsche mir, dass von unserer Seite stärker und eindeutiger auf die Einhaltung der nationalen und europäischen Richtlinien im Arten- und Naturschutz bestanden würde. Die bisherigen „Rundschreiben“ und „Empfehlungen“ der zuständigen Ministerien haben sich eher zu einem Instrument zur Umgehung des Naturschutzes entwickelt. Dass die neue Fachkonvention der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten aus politischen Gründen nicht veröffentlicht wird, darf ein Naturschutzverband nicht hinnehmen. Es reicht nicht aus zu sagen: „Wir müssen jetzt das Beste aus der Situation machen“. Nein, unsere Aufgabe heißt für mich vielmehr: Wir müssen uns dafür einsetzen, dass es die verantwortlichen
Ministerien besser machen.

Die Pressemitteilung „Katastrophe für die Landschaft“ aus 2012 hatte hierzu noch eine eindeutige Position:

„Dass gerade eine Landesregierung mit Beteiligung der Grünen so wenig Rücksicht auf Natur und Landschaft nimmt, haben sie (Anm.: die 10 Verbände) sich nicht vorstellen können. Sie unterstützen die Energiewende, werfen der Regierung aber vor, Natur- und Umweltschutzerfordernisse völlig unnötig dem Ausbau der regenerativen Energien zu unterwerfen.“ (PM „Katastrophe für die Landschaft“ aller 10 anerkannten Verbände vom 24.09.2012)

Ich werde daher auch weiterhin die unzureichende qualitative Steuerung durch das LEP IV kritisieren, denn bis heute wurden weder bessere und verbindliche Planungsgrundlagen durch die Landesregierung geschaffen noch der erforderliche Pauschalschutz für Natura 2000 Gebiete und wertvolle Landschaften wie z.B. den Pfälzerwald und Soonwald eingeführt. Die Art und Weise des ungesteuerten Windkraftausbaus in vielen Teilen des Landes werde ich weiter beanstanden und damit auch deutlich machen, dass das Ausbauziel der Landesregierung von 2 % Landesfläche wesentliche Restriktionen einzuhalten hat: Die Einhaltung der Naturschutz- und Artenschutzgesetze, des Landschaftsschutzes und des Menschenschutzes (Mindestabstand von 1000 Metern zu Wohnsiedlungen). Der Natur- und Artenschutz darf gerade wegen seiner ökologischen Bedeutung auch für den Klimaschutz nicht „unter die Räder“ kommen. „Klimaschutz“ muss m.E. ganzheitlicher verstanden werden und darf nicht gegen den Schutz der Biodiversität ausgespielt werden, denn

wer monokausal denkt, erklärt nicht, sondern verklärt.

Die konsequente Einhaltung des Natur- und Artenschutzes, das Erstellen einer vollumfänglichen
Umweltverträglichkeitsprüfung, die Beteiligung der Verbände, die Veröffentlichung aller
Antragsunterlagen und Gutachten, die Forderung nach einem Sitz in den Planungsgemeinschaften, das kritische Hinterfragen von „Gefälligkeitsgutachten“ ist wie beim Bau von Straßen, Brücken, Autobahnen und Gewerbegebieten auch beim Bau von Windkraftanlagen, Wasserkraftanlagen und Biomasseanlagen für mich nach wie vor eine Verpflichtung, denn „Artenschutz ist nicht verhandelbar“. (Beschluss der Landesdelegiertenversammlung 2013).

Herzstücke unserer Naturschutzarbeit preiszugeben, seelenlos zu werden, sich an einen „Notnagel-Windkraft“ zu klammern oder einen angeblichen „Glaubenskrieg“ zu führen, haben nach meinem Verständnis mit „Energiewende“ nichts zu tun. Diesen „Preis“ bin ich auch nicht bereit zu zahlen.
Ich werde nicht akzeptieren, dass der Zweck die Mittel heiligt.
Die Entwicklung in Rheinland-Pfalz, den Ausbau der Windenergie ohne Qualitätsplanung, ohne
überregionale Steuerung auf der Ebene der kommunalen Bauleitplanung und ohne wirksamen Natur und Menschenschutz umzusetzen, trage ich nicht mit. Spätestens bei den Entscheidungen zu den Windenergieanlagen in Fürfeld und den Vorgehensweisen, die hier zutage traten, wurde mein Glaube an die Unabhängigkeit und Transparenz sowie mein
Vertrauen zu dem jetzigen Landesvorstand erschüttert. Hier wurde für mich offensichtlich, dass ich mit meinem Engagement für Natur- und Artenschutz einigen schlicht im Wege stehe. Wie mehrere fachliche Expertisen deutlich gemacht haben, wurde damit eine große Chance vertan, dass sich ein Gericht materiell mit dem Artenschutz hätte auseinandersetzen müssen. Hiermit hätten wir endlich die von uns geforderte Steuerung erreichen können. Beide Chancen hat der Landesvorstand leider nicht genutzt.
Das Email zur Mobilisierung gegen meine Person von einem BUND-Mitglied, das gleichzeitig Geschäftsführer des Fürfelder Windparks ist, spricht für mich Bände, ebenso die fehlende öffentliche Distanzierung des Vorstandes. „Konsens“ bedeutet für mich nicht, einen „Kompromiss“ zu Lasten des Artenschutzes zu machen. Meine konsequente Haltung bezüglich der Einhaltung des Artenschutzes hat sicher eine Konsensfindung im Vorstand auch erschwert. Verantwortung für die unguten Entwicklungen tragen jedoch alle Vorstandsmitglieder.
Die uns durch unsere Satzung auferlegte „Unabhängigkeit“ sehe ich als nicht gegeben an, wenn z.B. Landesvorstandsmitglieder auch Amts- und Funktionsträger von Parteien oder Industrie- und Lobbyverbänden sind. Eine kritische Auseinandersetzung hierzu hätte m.E. schon viel früher geführt werden müssen, um auch nach außen hin unsere Unabhängigkeit zu untermauern. Leider hat sich der Eindruck, dass der BUND zum „Umweltbüro“ einer Partei oder eines Lobbyistenverbandes geworden ist, in den letzten Monaten für mich und viele andere BUND-Mitglieder noch verstärkt.

Indem der Landesvorstand vielen windkraftkritischen und engagierten Bürgerinitiativen (mit vielen BUND Mitgliedern) die Zusammenarbeit aufkündigt, indem er pauschal unterstellt, es ginge nur um egoistische Partikularinteressen und vorgetäuschten Naturschutz, leistet er der Energiewende leider einen „Bärendienst“. Dies wird noch dadurch verstärkt, dass eine analoge Aufkündigung der Zusammenarbeit mit Windkraftinvestoren, Lobbyisten, Geschäftsführern und Aufsichtsratsvorsitzenden als BUND-Mitgliedern, denen ebenfalls egoistische Partikularinteressen zugrunde liegen können, nicht erfolgte. „Schubladendenken“, Mitglieder und Bürgerinitiativen in „gute“ und „schlechte“ einzuteilen,
Mitglieder aufgrund von kritischen Leserbriefen zu sanktionieren, entspricht nicht meinem DemokratieundmKulturverständnis. Auch Bürgerinitiativen gegen Autobahnen, Bahntrassen oder Gewerbegebiete verfolgen sicher Partikularinteressen. Entscheidend für uns muss alleine sein, ob Verstöße gegen Umwelt- und Naturschutzrecht vorliegen, gegen die wir satzungsgemäß aktiv vorgehen müssen.
Liebe Freundinnen und Freunde der Erde,

mit Herzblut und Leidenschaft habe ich das Amt des Landesvorsitzenden übernommen. Mit Unterstützung meiner Frau habe ich einen großen Teil unseres Privatlebens unserem Verband untergeordnet und mir Achtung und Respekt in der Öffentlichkeit erarbeitet. Nunmehr bin ich aber nicht mehr bereit, auch aus den bekannten persönlichen Gründen, meine Zeit, meine Energie und auch meine Kompetenz im jetzigen Landesvorstand weiter zur Verfügung zu stellen.

Integrität und Identität als Basis für „Stimmigkeit“ im Tun und Handeln sind für mich derzeit leider nicht mehr gegeben. Dies zeigt sich in den ungelösten Konflikten im Vorstand, in der Art und Weise der Kommunikation, in den widersprüchlichen Beschlüssen und vor allem in den Abwägungen von Vorstandsentscheidungen zwischen Windkraft und Naturschutz. Integer zu sein heißt vor allem, sich selbst und seinem eigenen Wertesystem treu zu bleiben, unabhängig davon, wie andere hierüber denken.

Ich habe vor meiner Wahl zum Landesvorsitzenden und in meinen Reden z.B. auf den Landesdelegiertenversammlungen meine umfassende Haltung zum Naturschutz und zu einem umfassenden, ganzheitlichen KIimaschutz deutlich zum Ausdruck gebracht. Daran hat sich bis heute nichts geändert. „Wenn die Seele Schaden nimmt, dann höre auf“, diese Botschaft hat mir einmal eine Freundin gegeben.
Schweren Herzens lege ich daher heute mein Amt als Landesvorsitzender nieder. Selbstverständlich werde ich mich weiterhin für Naturschutz, Artenschutz, Umweltschutz, Denkmalschutz, Landschafts- und Menschenschutz engagieren, um (m)einen Beitrag zu leisten, damit aus der viel versprochenen
„Wertschöpfung“ nicht eine „Schöpfung ohne Wert“ wird.
Ich bitte die vielen Mitglieder, die mich in den vergangenen Monaten gebeten haben, standhaft zu bleiben und weiter zu machen, um Verständnis für meine Entscheidung. Standhaft werde ich auch zukünftig bleiben.
Ich danke allen Kreis- und Ortsgruppen, allen Aktiven für Ihre wunderbare und vielfältige Arbeit. Ich danke allen, die mich in den vergangenen Jahren unterstützt haben und mir ihre Wertschätzung entgegen gebracht haben.

Mit herzlichen Grüßen
für ein gesegnetes Weihnachtsfest und ein gesundes, friedvolles neues Jahr, auch für eure Familien,
Ihr/Euer
Harry Neumann
ehem. Landesvorsitzender des BUND Rheinland-Pfalz
„Wir sind, was wir tun, und wir tun, was wir sind.“ (Laotse)

ZEIT „Schmutziger Irrtum“ Windenergieausbau verstärkt Treibhausgasemmissionen

Es ist so unglaublich, dass es bis heute viele politisch Verantwortliche verleugnen:

Die falsch konzipierte Energiewende – d.h. letztendlich der EEG getriebene Ausbau der Windenergie – ist der Grund für den Anstieg der Kohleverstromung der letzten Jahre.

Endlich (!) bereichtet jetzt auch die ZEIT darüber.

Hier: http://www.zeit.de/2014/50/schmutziger-irrtum-energiewende-klimawandel

Die eigentliche Sensation des ZEIT Artikels ist, dass selbst die Vordenker der Energiewende (AGORA Energiewende) eingestehen, dass sie sich in zentralen Punkten der Energiewende geirrt haben. Fragwürdig erscheint allerdings die Aussage, dass dies  niemand hätte vorhersagen können. Wer die „Argumente“ auf unserer Seite gelesen hat, kannte diesen Zusammenhang bereits.

13.12.2014 Demonstration in Heidelberg

Unter dem Titel

 „Für den Erhalt des Odenwaldes als Naturpark. Gegen Windkraftindustrie im Naturpark“

ruft unsere Bürgerinitiative für den 13.12.2014 zu einer Demonstration in Heidelberg auf. Die Demonstration beginnt um 15:00 Uhr auf dem Bismarkplatz