Naturpark Odenwald wird Windenergie- und Technikpark (?!?)
Wir sind eine Bürgerinitiative mit Sitz in Heidelberg. Auf nahezu allen bewaldeten Berggipfeln und Höhenrücken der Odenwälder Naturparks laufen Planungen zur Errichtung fernsehturmhoher Windkraftanlagen. Kaum jemand weiss, dass im Odenwald aktuell rund 70 Windparks in Planung sind.
Schlimmer als im Hunsrück: Das Hunsrück – im Jahr 2011 noch als Kandidat für einen Nationalpark gehandelt – ist bereits von einer Naturlandschaft in eine Technik- und Industrielandschaft verwandelt worden (Hier einige Impressionen). Wir würden dem Odenwald gerne das gleiche Schicksal ersparen. Doch allein im hessischen Odenwaldkreis sind nach Plänen des grün geführten Regierungspräsidiums 9% der Kreisfläche als Windpark vorgesehen. Das entspricht 400 Windkraftanlagen. Die ersten Anlagen stehen schon (Geisberg/Mossautal, Hainhaus/Michelstadt) und weitere sollen bald folgen (siehe z.B. hier). Wo überall Windkraftanlagen im Odenwald geplant sind, versuchen wir in dieser Übersichtskarte zur Windkraft im Odenwald zusammenzustellen.
Das wollen wir nicht zulassen: Unsere beiden wichtigsten Argumente in der Diskussion um die Odenwälder Naturparks sind (weitere Ausführungen siehe unter „Argumente“):
1.) Auch in Zeiten der Energiewende muss der Erhalt von Naturparks und Biosphärenreservaten möglich sein: Wir wollen in Erinnerung rufen, dass Naturparks und Biosphärenreservate geschaffen wurden, damit wertvolle Kultur- und Naturlandschaften generationsübergreifend erhalten bleiben. Auch wenn Windenergie „im grünen Mäntelchen“ daherkommt stellt der Bau hunderter, jeweils mehr als 200 m hohen Windkraftanlagen inmitten der bewaldeten Höhenrücken der Odenwälder Naturparks einen massiven, zerstörerischen Eingriff dar. Landschaften wie der Odenwald haben einen eigenen Wert – sie sind schützens- und erhaltenswert. Offensichtlich muss dieser Wert erst wieder ins Bewusstsein der Politik gerückt werden – egal ob CDU, SPD oder Grüne – es scheint parteiübergreifend eine Selbstverständlichkeit zu sein, dass Naturparks und Biosphärenreservate einem flächendeckenden Ausbau der Windenergie geopfert werden sollen. Die inzwischen tausendfach in Bürgerinitiativen und Leserbriefen geäußerten Aufschreie wurden bisher einfach nicht beachtet oder wahrgenommen. Doch die gesellschaftliche Funktion von Naturparks als Rückzugs- und Erholungsort für Mensch und Natur hat auch in Zeiten der Energiewende nichts an ihrer Bedeutung verloren. Im Gegenteil: Wenn Windenergie in den nächsten Jahren tatsächlich (und nicht nur theoretisch) einen Beitrag zum Klimaschutz leisten sollte, wäre der Bau hunderttausender Windkraftanlagen nötig. Und gerade dann wäre es sinnvoll Deutschland nicht flächendeckend und lückenlos in eine Industrie- und Techniklandschaft zu transformieren, sondern auch windradfreie Naturparks und Biosphärenreservate zu erhalten. Es ist die Aufgabe unserer Generation die Natur- und Kulturlandschaft des Odenwaldes für unsere Nachkommen zu erhalten.
2.) Fehlende Verhältnismäßigkeit beim Windenergieausbau: Nutzen und Schaden stehen beim Bau 200 m hoher Windkraftanlagen inmitten von Naturparks und Biosphärenreservaten nicht mehr im Verhältnis zueinander. Windkraft und Energiewende wird fälschlischerweise oft gleichgesetzt. Die Befürworter stellen die Zerstörung unserer letzten halbwegs intakten Natur- und Kulturlandschaften durch Windenergie als alternativlos dar: Entweder Atomkraft und Klimawandel oder Windenergie – Windenergie ohne Limit in der Höhe, in der Gesamtanzahl der Windräder und ohne Rücksicht gegenüber der Landschaft oder anderen Schutzgütern der Natur. Doch hält die Windenergie, was sie verspricht? Wie groß ist der Beitrag der Windenergie zum Klimaschutz tatsächlich? Ein Blick in die Statistik ernüchtert: Die ca 25.000 Windkraftanlagen in Deutschland hatten 2013 einen Anteil am Endenergieverbrauch von 2,1%. (Anmerkung: Strom macht nur ca 22% des Endenergiebedarfs aus). Man muss kein Energiefachman zu sein um zu realisieren, dass die „wenigen“ hundert bzw. tausend in Naturparks und Biosphärenreservaten geplanten Windkraftanlagen daran nichts ändern werden – und dass selbst bei der geplanten Verdopplung des WKA Bestandes auf deutschlandweit 50.000 Anlagen noch immer nur ein bescheidender Anteil unseres Endenergiebedarfs gedeckt ist. Schwerer wiegt noch, dass der Ausbau der Windkraft keineswegs zu einer Verbesserung des Klimaschutzes geführt hat. „Renewables top, Co2 flop“: Deutschland wir im Ausland zusehends als Klimaschutzversager und nicht als Vorreiter wahrgenommen. Wer wirklich das Klima schützen will kommt an der Frage der Energieeinsparung nicht vorbei. „Wird im Verkehrssektor beispielsweise 8% weniger Kraftstoff verbraucht, so spart dies mehr Energie ein, als alle bestehenden Windkraftanlagen insgesamt produzieren“. Zitat aus einem lesenswerten Überblicksartikel “ des Physikalischen Instituts der Universität Heidelberg.
Der Beitrag von Windenergie zum Klimaschutz wird völlig überbewertet und Ihre Förderung durch das EEG bzw die Einspeisevergütung ist eine ineffektive, für den Klimaschutz nutzlose Maßnahme: Deutschland wurde im letzten UN Klimaschutzbericht (2014) ein schlechtes Zeugnis für seine Klimaschutzpolitik ausgestellt. Leider ist das in Deutschland aber kaum bekannt, da die Bundesregierung in der Übersetzung des englischen Originaltextes diese beschämende Aussage weggelassen bzw sogar verdreht hat.
Die verpatzte „Energiewende“ hat nicht etwa zu einer Reduzierung der Treibhausgasemmissionen geführt, sondern zu einem Anstieg des deutschen Co2 Ausstosses! Dies hat selbst unsere Bundesumweltministerin 2014 auf dem Klimagipfel in New York eingeräumt. Die Art und Weise wie Deutschland über das EEG v.a. den Ausbau der Windenergie fördert, führt nicht etwa zu einer Substitution von Kohlekraftwerken, sondern zu deren Renaissance. Die Folge des Ausbaus von Windkraft OHNE Stromspeicher hat in den letzten Jahren die Kohlekraftwerke befeuert und zum Ende der dringend für eine echte Energiewende benötigten Gaskraftwerke geführt. Betrachtet man den Co2 Ausstoss seit 2011 so kommt man zu dem bemerkenswerten Ergebnis, dass die Kohlendioxid-Emissionen in der Stromerzeugung GESTIEGEN sind – und das, obwohl in diesem Zeitraum der Anteil der regenerativen Stromerzeugung auf nahezu 30% anstieg und keine Atomkraftwerke abgeschaltet wurden. Siehe z.B. hier:
Einer der wenigen Artikel, die sich mit diesem sogenannte „Energiewende Paradoxon“ befassen erschien in der ZEIT: „Schmutziger Irrtum“ (4.12.2014) . Zuvor hatte bereits im November die von der Bundesregierung selbst mit dem Monitoring beauftragte Expertenkommission in ihrem Fortschrittsbericht zur Energiewende darauf hingewiesen, dass die Energiewende ihr wichtigstes Ziel – den Klimaschutz – verfehlt. Hier der Original Bericht der Expertenkommission. Am Gesamtbild hat sich seither nichts geändert: Trotz der offensichtlichen Erfolglosigkeit einer EEG Förderung der Windenergie ist dieses Instrument nach wie vor das wichtigste – und auch einzige – Mittel der deutschen Klimaschutzpolitik. Der Einstige Klimaschutz „vorreiter“ Deutschland ist beim Klimaschutz-Index von seiner einstigen Vorreiterposition auf Platz 22 abgestiegent. Und im McKinsey Energiewende Index für das I. Halbjahr 2015 bestätigt sich der Trend der letzen Jahre: Die Energiewende versagt bei ihrem wichtigsten Ziel – dem Klimaschutz.
Das Thema ist komplex – aber die Ausführungen sollten zuerst einmal vor Augen führen, dass wir durchaus Gründe haben, warum wir den Bau von Windkraftanlagen in geschützten Kultur- und Naturlandschaften für unverhältnismäßig und für eine – auch nicht mit dem Verweis auf die „Weltrettung“ (Klimaschutz) zu rechtfertigende – unverhältnismäßige Zerstörung halten. Weitere und tiefergehende Ausführungen siehe unter „Argumente“.
Fazit: Die „Energiewende“ ist keine „Energie-“ sondern eine „Stromwende“, die sich von vorne herein nur mit 20% des Energieverbrauchs befasst. Dass sich diese „Stromwende“ seit der jüngsten EEG-Reform De Facto von Photovoltaik abgewandt und auf den Ausbau von Windenergie reduziert hat, liegt nicht an deren tatsächlichem Beitrag zum Klimaschutz. Durch die Politik künstlich geschaffenen Förderstrukturen sorgen nun dafür, dass Windkraftanlagen in ökologisch sensiblen und schützenswerten Schwachwindgebieten gebaut werden. Eine Verbesserung des Klimaschutzes wurde und wird durch diese Maßnahmen nicht erzielt. IM GEGENTEIL! Unsere auf den ungebremsten und flächendeckenden Ausbau der Windenergie abzielende Klimaschutzpolitik ist nutzlos für den Klimaschutz, da sie am Kern des Problems (Energiesparen) vorbei geht. Und sie ist zerstörerisch, weil sie einem vermeintlichen Klimaschutz unsere letzten nicht industrialisierten Naturräume opfert.
200 m? Wie hoch ist das eigentlich? … hier ein Größenvergleich