Keine Windräder auf den Weißen Stein!!

Im RNZ Bericht zur letzten Protestwanderung kamen wesentliche Inhalte nicht in den Genuss der Berichterstattung, weshalb wir hier einen der Redebeiträge im Wortlaut veröffentlichen:

Keine Windkraft-Konzentrationszone beim Langen Kirschbaum zwischen Ziegelhausen und Wilhelmsfeld!!

von Martin Jacob, Mitglied des Bezirksbeirats Heidelberg-Schlierbach

Windindustriezone in einem geschlossenen, besonders geschützten Waldgebiet?
Zu Zeiten von Fake-News zitiere ich vorsorglich eine objektive Quelle, Unterlagen des Nachbarschaftsverbands Rhein-Neckar aus der Bürgerbeteiligung 2015:

Die KZW 11 beim Langen Kirschbaumliege „zwischen stark frequentierten Waldparkplätzen, Wander- und Radwegen; Anziehungspunkte: Restaurant/ Aussichtsturm am Weißen Stein, Teltschik-Turm; liegt in einem ausgewiesenen Immissionsschutzwald, als Erholungswald Stufe 1 klassifiziert; im Landschaftsschutzgebiet Bergstraße-Mitte/ Bergstraße-Nord; Teil des Naturparks Bergstraße-Odenwald, NeckartalOdenwald
und des Geoparks Bergstraße-Odenwald“.

Was bedeutet diese Lage in einem geschlossenen, besonders geschützten Waldgebiet? Schon 2013 meldet die Nordwest-Zeitung Oldenburg anlässlich einer ausgebrannten Windkraftanlage, 10 Jahre alt und „nur“ 70 m hoch, es habe bei den damals installierten 28.000 WEA schon mindestens 100 Brände mit Totalverlust gegeben. Auch in 2016 gab es Meldungen über Brände, z.B. im Münsterland und im Landkreis Kaiserslautern; dort waren z.T. schon WEA der neuesten Generation
mit 200 m Bauhöhe betroffen, wie sie auch am Langen Kirschbaum geplant werden. Die Brände entstehen typischerweise durch Blitzschlag, durch Überhitzung beweglicher Teile, z.B. Getriebe, oder durch Entzündung von Schmiermittel in der Gondel. Löschversuche in dieser Höhe sind ausgeschlossen; die Feuerwehr kann hier nur zusehen. Was passiert, wenn sich brennender Kunststoff bei Wind und Trockenheit großflächig in einem geschlossenen Waldgebiet verteilt?

M.E. ist es leichtfertig, WEA mitten in geschlossenen, besonders geschützten Waldgebieten zu planen, sie gehören auf landwirtschaftliche Flächen – davon gäbe es in der Rheinebene genug, mit bester Straßenanbindung und einfacher Netzeinbindung. Denn schon 3 WEA, wie sie am Langen Kirschbaum geplant sind, produzieren bei Starkwind so viel Strom, dass sie nicht mehr an das normale Mittelspannungsnetz (mit 10.000 – 20.000 V) angeschlossen werden können; sie brauchen einen Direktanschluss an ein Umspannwerk – und die gibt es nur in den Verbrauchsschwerpunkten in der Rheinebene, z.B. nördlich von Dossenheim und beim ehem. Famila-Center (heute Kaufland) in Kirchheim. Dort ist der Wind übrigens lt. den Unterlagen des Nachbarschaftsverbandes mit 5,0 m/s (Jahresdurchschnitt) kaum schwächer als in der KZW 11 (5,5 m/s).

Deshalb fordern wir: Keine WEA in geschlossenen, besonders geschützten Waldgebieten!

Windindustriezone neben beliebten Wanderwegen beim Langen Kirschbaum?
Neben den heißen Risiken von Windkraftwerken gibt es auch eiskalte: Der MDR berichtete am 10.1.17, dass sich bei entsprechenden Witterungsbedingungen von den Rotorblättern Eisbrocken lösen können, bis zu mehrere Kilo schwer, die bis zu 650 m weit geschleudert werden können.
Was bedeutet das am Langen Kirschbaum? Die KZW 11, auch im jetzigen, westlich etwas verkleinerten Umfang, liegt immer noch so, dass beide Wanderwege um den Dossenheimer Kopf herum im Winterhalbjahr immer wieder mal wegen Eisschlaggefahr gesperrt werden müssten; vom
Langen Kirschbaum zum Weißen Stein und umgekehrt wäre dann kein Durchkommen mehr.

Deshalb fordern wir: Keine WEA beim Langen Kirschbaum, dieses wichtige Naherholungsgebiet muss erhalten bleiben!

Windindustriezone nur 1000 m neben Wohngebieten?
Ich zitiere wieder den Nachbarschaftsverband: Die „Nähe zu Wohngebieten“ wird ausdrücklich eingeräumt, die KZW 11 läge nur „ca. 1 km entfernt von Wilhelmsfeld und Heidelberg-Peterstal.“ Derzeit ist die Standard-Bauhöhe von WEA 200 m (etwa doppelt so hoch wie der Fernsehturm am Weißen Stein bzw. 5x so hoch wie der Teltschikturm). Nach der bayerischen H-10-Regel zum Schutz der Nachbarschaft vor optischen und akustischen Beeinträchtigungen (Stroboskop-Effekt,
Infra-Schall) wären WEA am Langen Kirschbaum gar nicht genehmigungsfähig; im Bayern müssten 2 km Abstand eingehalten werden. Kurpfälzer sind offenbar robuster als Bayern, denn der
Nachbarschaftsverband hält 1000 m Abstand für ausreichend – und findet das auch noch groß- zügig! Denn die von rot-grün beschlossen Planungsrichtlinien in Baden-Württemberg verlangen nur 750 m Abstand. Hat man in Stuttgart und Mannheim nicht mitbekommen, dass die Bauhöhen von WEA an Land immer weiter steigen? Dass mit wachsender Bauhöhe auch die optischen und akustischen Beeinträchtigungen für die benachbarten Wohngebiete steigen? 1000 m Abstand ist völlig unzureichend – auch in BW ist die H-10 Regel anzuwenden, d.h. bei
200 m Bauhöhe 2 km Abstand von Wohngebieten! Auch deshalb ist die KZW 11 abzulehnen!

Verfahrens-Tricks des Heidelberger Umweltdezernats zur Durchsetzung der KZW 11

Der Nachbarschaftsverband hat immerhin einen Trost für uns: Aus der Rheinebene wären WEA an dieser Stelle (KZW 11) „weniger stark sichtbar.“ Und genau dies hat sich das Heidelberger Umweltdezernat, politisch zu verantworten vom grünen Umweltbürgermeister Erichson, im Anhörungsverfahren 2015 zunutze gemacht: In allen Bürgerbeteiligungen im Herbst 2015 berichtete das Heidelberger Umweltdezernat nicht über die KZW 11 am Langen Kirschbaum. Auf kritische Rückfragen wurde diese Planung zwar zugegeben, aber es wurde uns bedeutet, sie ginge uns nichts an, da sie auf Dossenheimer und Schriesheimer Gemarkung läge. Das müssen Sie sich auf der Zunge zergehen lassen: Wilhelmsfeld
gehört dem Nachbarschaftsverband nicht an; seine Stellungnahme an den Nachbarschaftsverband hat nicht mehr Gewicht als jede x-beliebige aus der Bürgerschaft. Heidelberg ist zwar Verbandsmitglied, soll aber gefälligst nur zu Planungen auf der eigenen Gemarkung Stellung
nehmen – obwohl Heidelberger Bürger von der KZW 11 massiv betroffen wären!
Der Bezirksbeirat Schlierbach ließ sich vom Umweltdezernat nicht beeindrucken. Wir baten den Heidelberger Gemeinderat Ende 2015 im Vorfeld seiner Stellungnahme an den Nachbarschaftsverband,
alle KZW im Wald rund um Schlierbach und Ziegelhausen abzulehnen, ausdrücklich einschließlich der KZW 11 beim Langen Kirschbaum.
Und jetzt kommt der Clou: Das Umweltdezernat unter politischer Verantwortung des grünen Bürgermeisters Erichson legte dem Gemeinderat eine Beschlussvorlage vor, die bezüglich der KZW
11 keine ablehnende Stellungnahme gegenüber dem Nachbarschaftsverband vorsah, sondern nur eine windelweiche Bitte an die Gemeinderäte von Dossenheim und Schriesheim, die KZW 11 gegenüber dem Nachbarschaftsverband abzulehnen. Die hatten aber dringlichere Probleme und wollten vor allem die näher bei ihrer Wohnbebauung gelegenen Planungen verhindern. Denn aus dortiger Sicht sind die optischen und akustischen Beeinträchtigungen durch die KZW 11 beim Langen Kirschbaum in der Tat „weniger stark“ wahrnehmbar, wie der Nachbarschaftsverband durchaus zutreffend festgestellt hatte – Heiliger St. Florian, verschon´ mein Dorf… oder auf neudeutsch: Beggar my neighbour…

So erhielt der Nachbarschaftsverband Ende 2015 von keiner Mitgliedsgemeinde eine ablehnende Stellungnahme zur KZW 11. Auch in der Folgezeit sah der Heidelberger Umweltbürgermeister  keine Veranlassung, den Gemeinderat zu informieren, dass Dossenheim und Schriesheim der Ablehnungsbitte nicht gefolgt waren, so dass Heidelberg dem Nachbarschaftsverband noch rechtzeitig ein ablehnendes Votum zur KZW 11 hätte nachreichen können. Und so ist in dem Ende 2017 beschlossenen Flächennutzungsplan-Entwurf die KZW 11 immer noch drin. Ich habe dieses illoyale Vorgehen des Umweltdezernats auf der März-Sitzung des Bezirksbeirats Schlierbach förmlich gerügt; die RNZ berichtete am 13.3. (Blick in die Stadtteile, S. 5).

Aktueller Planentwurf des Nachbarschaftsverbandes einseitig zu Lasten von Heidelberg
Ein politischer Skandal ist auch der aktuelle Planungsstand beim Nachbarschaftsverband: Der überwiegende Teil der zunächst vorgesehenen Windkraftzonen wurde mit unterschiedlichen Begründungen teils völlig herausgenommen, teils unter Vorbehalt gestellt, auch viele Zonen in der Rheinebene, die ökologisch weniger schädlich wären als die im Odenwald. Vorbehaltlos weiterverfolgt werden nur noch 4 Zonen, einseitig geballt im äußersten Südosten des Plangebiets, rund um Heidelberg, Dossenheim und Schriesheim, davon 3 mitten in geschlossenen, besonders geschützten Waldgebieten, die KZW 10 zwischen Schriesheim und Altenbach, die KZW 11 beim Langen Kirschbaum und die KZW 16 Drei Eichen zwischen Boxberg, Emmertsgrund, Gaiberg und Kohlhof, außerdem die KZW 7 zwischen Kirchheim und Leimen im Gewerbegebiet beim ehemal. Famila-Center (heute Kaufland). Ist diese Verteilung fair? Orientiert sie sich an ökologischen Kriterien? Oder eher an den Anteilen der Grünen in den jeweiligen Gemeinderäten?
Umso mehr ist öffentlicher bürgerschaftlicher Widerstand nötig, um hier noch Korrekturen zu erreichen.

Danke, dass Sie heute zur Protestwanderung gekommen sind unter dem Motto: Rettet den Odenwald – für den Erhalt eines lebenswerten Odenwalds! Protestwanderungen an den anderen genannten Standorten in Schriesheim und bei den Drei Eichen sollten folgen.

Wir sind keine „Windkraftgegner“, aber wir sind gegen Windkraftanlagen im Odenwald – mit guten Gründen. Wir haben derzeit einen wichtigen Vorteil: Ist jemand vom hessischen Odenwald hier? Im Herbst
sind in Hessen Landtagswahlen – die Wähler haben es in der Hand, den politisch Verantwortlichen für den exzessiven Windkraftausbau im hessischen Odenwald, Minister Al Wazir und Ministerpräsident Bouffier, die rote Karte zu zeigen. Im nächsten Frühjahr sind Kommunalwahlen, auch in Baden-Württemberg. Legen wir den Gemeinderatsfraktionen
konkrete Wahlprüfsteine vor, damit sie Farbe bekennen müssen, wie sie
zum Windkraftausbau im Odenwald und zu den Planungen des Nachbarschaftsverbandes RheinNeckar
stehen.

Sie müssen begreifen:
Wer Bürger und Natur mit Windkraft quält, wird abgewählt!
Gemeinsam werden wir diesen Umweltfrevel im Odenwald verhindern!