Windpark Greiner Eck: Mehr Schönrechnerei als CO2 Einsparungen

Wieviel CO2 spart denn so ein Windpark wirklich ein?

Vergleicht man die Pressemeldungen zum Greiner Eck der letzten Jahre fällt auf dass die Windpark-Betreiber ihre eigenen „Erfolgszahlen“ immer weiter nach unten korrigieren. Während beispielsweise bisher noch von 24.000 t CO2 Einsparung/Jahr die Rede war sind es im jüngsten Interview nur noch 14.000 t CO2/ Jahr.

Wir nehmen das zum Anlass die Frage der CO2 Einsparung einmal genauer zu betrachten:

Wo kommen diese Zahlen zu CO2 Einsparung überhaupt her? Die Angaben von Windparkbetreibern zur erzielten Vermeidung von CO2 beruhen nicht etwa auf Messungen sondern auf Modellrechnungen. Und je nach eingesetztem Modell und den zugrundegelegten Annahmen weichen die Ergebnisse erheblich voneinander ab – gut zu sehen am Beispiel des Windparks Greiner Eck: Im ECHO-Interview vom 14.8.20191 sprechen die Betreiber von CO2 Einsparungen von 14.0000 t CO2/ Jahr – während zeitgleich auf der Website der Betreiber von 24.000 t CO2/ Jahr die Rede ist 2 (Stand 16.8.2019) – jeweils bezogen auf eine Stromproduktion vom 28 Millionen Kilowattstunden / Jahr. Setzt man das Einsparmodell des  Umweltbundesamtes von  2017 an so kommt man bei dieser Strommenge auf einen Wert von 17.000 t CO2/Jahr3. Wir halten fest: Die Betreiber des Windparks gehen inzwischen selbst davon aus dass der Windpark pro Jahr 40% weniger CO2 einspart als bisher postulierten – bei gleicher Stromproduktion wohlgemerkt (28 Mio KWh). Und ebenso wie die Einsparungen / KWh gingen übrigens auch die Angaben zur Leistung des Windparks beständig nach unten: 2015 war gar noch von 40.000 Megawattstunden/Jahr die Rede (3.2.2015 Neckartal Nachrichten); 2016 von 35.000 Megawattsunden (28.1.2016 Frankfurter Rundschau) und seit 2017 ist noch von 28.000 Megawattstunden die Rede.

Was wurde bei den Modellrechnungen nicht berücksichtigt? Die Referenzmodelle nach denen derartige Einsparungen berechnet werden wurden allerdings letztlich für Windkraftanlagen auf freiem Feld erstellt. Dass im Odenwald für den Bau von Windrädern im Wald große Mengen an CO2 durch die Rodung von Bäumen und die Zerstörung von Waldboden – der über Jahrhunderte ebenfalls große Mengen an CO2 eingespeichert hat – freigesetzt werden ist dabei in den Modellen nicht berücksichtigt. Die CO2 Bilanz von Windturbinen im Wald ist aufgrund dieser CO2 „Kosten“ ihrer Errichtung noch einmal schlechter als bei den Referenzwindrädern der Modelle.

Geoökologen wie Prof. Seuffert (ehemaliger Hochschullehrer und Leiter des Geogr. Instituts der TU Darmstadt) kommen in ihren Berechnungen zu dem Ergebnis das Windräder im Wald aufgrund dieser CO2 „Vorkosten“ nur halb so viel CO2 einsparen wie Anlagen auf freiem Feld – und fordern daher ein generelles Verbot von Windkraft im Wald, da der Schaden für das Geoökosystem in keinem Verhältnis zum tatsächlich erzielten Klimaschutz stehen 4.

Das Problem der abstakten Zahlen! Egal ob nun 7.000 oder 20.000 oder 40.000 t CO2 Einsparung pro Windpark pro Jahr – alles  nur abstrakte Zahlen. Die entscheidende Frage ist doch ob das nun viel oder wenig ist? Also ob der angerichtete Schaden durch den Bau des Windparks Greiner Eck in einem Natura 2000 Fledermausschutzgebiet durch seinen enorm großen Beitrag zum Klimaschutz irgendwie rechtfertigbar erscheint?

Daher zum Vergleich – um ein Gefühl für CO2 Mengen zu bekommen –  ein Gedankenspiel: Würde man nur im hessischen Odenwaldkreis aus Klimaschutzgründen die Holzentnahme für einige Jahre stoppen und den Wald einfach wachsen lassen – so würden nur durch den Zuwachs jährlich ca. 380.000 t CO2 gespeichert werden5. Dies wäre theoretisch so lange möglich bis der Wald sein natürliches Optimum und die maximale CO2 Speichermasse erreicht hat. Danach könnte dann mit einer behutsamen Forstwirtschaft eine ernsthaft nachhaltig betrieben Holzentnahme der Speicher auf hohem Niveau gehalten werden.

Spinnen wir den Gedanken weiter: Den Waldbesitzern entgingen durch den Verzicht auf die Holzentnahme ja Einnahmen. Andereseits könnte man ihnen ja für ihren Beitrag zum Klimaschutz ja die gleiche Förderung je kompensierter Tonne CO2 zukommen lassen wie den WIndradbetreibern am Greiner Eck6. Das wären dann für die Waldbesitzer im Odenwaldkreis (in diesem Fall fürs Nichtstun) rund 70 Mio EUR – pro Jahr. Und zu alldem wäre das eine fulminante Naturschutzmaßnahme die überdies der Naherholung und Fernreisenvermeidung zugute käme. Ein schöner – aber natürlich völlig unrealistischer, naiver Gedanke. Viel realistischer ist es da schon für eine derartige Millionenförderung hunderte von Hektar Naturparkwald zu roden, hunderte Windindustrieanlagen zu errichten und auf diese Weise „nachhaltigen Klimaschutz“ zu betreiben.

Earth Hour versus Windradbeleuchtung: Beim Klimaschutz liegt der Schlüssel im Energiesparen.

Auch wenn die aktuelle politische Debatte in eine völlig andere Richtung geht – für den Klimaschutz und auch für andere Nachhaltigkeitsprobleme ist nicht die Frage der regenerativen Energieerzeugung sondern die Senkung des Energieverbrauchs entscheidend. Hinzu kommt dass durch Energieeinsparungen auch Geld eingespart wird – statt es wenig effizient für Windkraftanlagen an wenig ertragreichen Standorten mit geringem Effekt für den Klimaschutz auszugeben. Würde beispielsweise im Verkehr 13% weniger Kraftstoff verbraucht, so spart dies mehr Energie ein, als alle Windkraftanlagen liefern. Darauf wies gerade das Physikalische Institut der Universität Heidelberg hin7. Auch das Umweltprognoseinsitut UPI zeigte bereits vor Jahren auf dass sich die von Windkraftanlagen im Wald erbrachte CO2 Minderung auch z.B. durch Reduzierung des Treibstoffverbrauchs des KFZ-Verkehrs um nur 0,6% erzielen ließe8.

Den Betreibern des Greiner Ecks jedoch scheint der Gedanke des Energiesparens aus Klimaschutzgründen fremd zu sein: Ausgerechnet während der alljährlichen „Earth Hour“9 – bei der auch viele Kommunen in der Region symbolisch die Straßenbeleuchtungen ausschalten um auf die Wichtigkeit des Energiesparens für den Klimaschutz hinzuweisen – wurden wie zum Hohn die Windräder des Greiner Ecks mit extra viel Aufwand elektrisch beleuchtet10. Die eindeutige Botschaft, dass nur konventioneller Strom gespart werden muss und Windkraft-Strom hingegen mit ruhigem Gewissen verbraucht werden kann steht in klarem Widerspruch zu allen ernst gemeinten Klimaschutzbemühungen. Denn auch die Windenergie hat nur einen Anteil von 17% an der deutschen Bruttostromerzeugung – also nur 3% am Gesamtenergieverbrauch (Strom, Wärme, Verkehr).11 Ohne Energiesparen geht Klimaschutz nicht – ohne Windkraft im Wald hingegen bestens.

Naherholung und Naturtourismus im Odenwald sind ein Beitrag zum Klimaschutz!

In Bezug auf Emissionsvermeidung ist die Funktion des Odenwalds als Natururlaubsziel bedeutsam und in der bisherigen Klimaschutzdebatte völlig unterbewertet: In einer empirischen Studie der Uni Hannover wurde bereits 2015 der negative Einfluss von Windkraftanlagen auf den Tourismus nachgewiesen12. Die Auswertung der Entwicklung von Übernachtungszahlen zeigte dass küstenferne Regionen wie der Odenwald stärker als Küstenregionen unter dem negativen Effekt der Windkraftanlagen leiden. Tourismus ist aber eine wesentliche Quelle von Treibhausemissionen: Laut einer jüngeren australischen Studie13 tragen allein die deutschen Touristen durch Fernreisen mit jährlich 329 Millionen Tonnen CO2-Äquivalentm deutlich mehr zum anthropogenen Treibhauseffekt bei als alle Kohle- und Gaskraftwerke zusammen. Langfristig ist der Klimaschutzbeitrag den der Odenwald als Naturerholungsregion durch die Vermeidung von Tourismus in weiter entfernt gelegene Natururlaubdestinationen leistet von erheblicher Bedeutung. Denn auch wenn in Deutschland die letzten von der Industrialisierung bislang verschonten Naturregionen wie der Naturpark Odenwald verschwinden und den Bedürfnissen der Windkraftindustrie unterworfen werden, so heißt das noch lange nicht, dass deshalb auch das Bedürfnis und die Sehnsucht vieler Menschen nach technisch nicht überprägten Naturräumen verschwinden. Im Gegenteil! Nach der Zerstörung des Odenwaldes als Naturpark und Naherholungsgebietist abzusehen dass Naturtouristen künftig zum Urlaubsort noch weitere Strecken zurücklegen und das Emissionsaufkommen im Verkehr weiter zunimmt. Gerade eine nachhaltige Klimaschutzpolitik muss auf eine Reduzierung des Ferntourismus und eine Stärkung von emissionsarmen Naherholungs- und Naturtourismus hinwirken.

Quellen:

1https://www.echo-online.de/lokales/odenwaldkreis/odenwaldkreis/windkraft-ist-nicht-wegzudenken_20354037

2Website des Betreibers: „Der Windpark erzeugt rund 28,6 Millionen kWh Strom pro Jahr. Genug, um rund 9.200 Haushalte *) mit Strom zu versorgen. Die jährliche CO2-Einsparung beträgt 24.000 Tonnen **). **) 850 g/kWh. Quelle: Fraunhofer-ISI; Gutachten zur CO2-Minderung; Januar 2005“ https://www.windpark-greiner-eck.de/index.php?id1=9

3Bei einer Ersparnis von 606 g CO2/Kwh

4Seuffert, O (2019): Energiewende – Wahn & Wirklichkeit, 182 S. Geoöko-Verlag, Bensheim

5 Berechnungsgrundlage: Waldbestand Odenwaldkreis: 34 900 ha, angenommener durchschnittlicher Zuwachs von 11,1 m³ Holz/ha/Jahr

6Berechnungsgrundlage ist die Annahme einer EEG-basierten Vergütung von 9 Cent/KWh und einer CO2 Vermeidung von 14.000 t CO2 bei 28 Mio KWh Stromprdouktion).

7 Dubbers, D. et al (2019): Energiewende: Fakten, Missverständnisse, Lösungen –ein Kommentar aus der Physik https://www.physi.uni-heidelberg.de/energiewende/belege/files/Energiewende_Web_2019-08-11.pdf

8http://www.upi-institut.de/hd/Einwendungen_FNPWE.pdf

10https://rettet-den-odenwald.de/2019/04/windradbelechtung-verhoehnung-der-earth-hour/

11Dubbers, D. et al (2019): Energiewende: Fakten, Missverständnisse, Lösungen –ein Kommentar aus der Physik https://www.physi.uni-heidelberg.de/energiewende/belege/files/Energiewende_Web_2019-08-11.pdf

12Broekel , T. et al (2015) Gone with the wind? The impact of windturbines on tourism demand. https://mpra.ub.uni-muenchen.de/65946/1/MPRA_paper_65946.pdf

13 Lenzen, M. et al (2018): The carbon footprint of global tourism – Nature Climate Change https://www.nature.com/articles/s41558-018-0141-x