Bleibt der Odenwald noch lebenswert?

Hier der Rundbrief von „Lebenswerter Odenwald e.V.“ (LeO) vom 12.11.2022  

Am 7.11.2022 luden Bündnis 90/Die Grünen zu einer Informationsveranstaltung zum Thema Windenergieausbau im Rhein-Neckar-Kreis ins Kirchenzentrum „Arche“ in Neckargemünd ein. LeO-Vertreter waren vor Ort und kamen aus dem Staunen nicht mehr heraus.

Moderator war der Grüne Landtagsabgeordnete Hermino Katzenstein, geladen zur Podiumsdiskussion waren Vertreter der Grünen, des BUND sowie der Windkraftprojektierer Jürgen Simon, der das Windindustriegebiet am Greiner Eck projektiert hatte. Im Publikum saßen auch Bürgermeister und Gemeinderäte aus der Region. Man war sich im Gremium einig, dass der Kreis jetzt massiv die Windkraft ausbauen müsse, um auf Grund der Energiekrise eine sichere und günstige Stromversorgung zu gewährleisten. Staatssekretär Baumann von den Grünen gab die Marschrute bis 2040 vor. In diesem Zeitraum sollen in Baden-Württemberg 2100 WEAs gebaut werden. Landschaftsschutzgebiete sind hierbei nicht mehr ausgenommen. Damit das Ziel erreicht werden kann, hat die Bundesregierung schon mal vorsorglich die Erneuerbaren Energien „zum öffentlichen Interesse“ erklärt und Landschafts- sowie Artenschutz per Gesetzesvorgabe geschleift. D.h. selbst geschützte Tierarten dürfen getötet werden, solange die Art insgesamt nicht gefährdet ist. Interessanterweise hatte die Vertreterin des BUND, Dr. Amany von Oehsen, damit keinerlei Probleme. Auf die Frage eines Zuhörers, wie sich diese Vorgehensweise mit dem EU-Recht deckt – im Bereich Artenschutz wird Deutschland schon lange wegen unzureichender Maßnahmen gerügt – wurde von Staatssekretär Baumann lapidar auf das (eigentlich untergeordnete) neue deutsche Gesetz verwiesen. Frei nach dem Motto: „Dann soll uns die EU doch mal verklagen!“

Derzeit herrscht in der Windkraftbranche Goldgräberstimmung. Das Abschalten von dutzenden von zuverlässigen Kraftwerken und der parallele Zubau der volatilen PV- und Windkraftanlagen haben in den letzten Jahren dazu geführt, dass die Strompreise explodiert sind. Das Angebot an Strom wurde schlichtweg verknappt und der Preis damit politisch gewollt in die Höhe getrieben. D.h. dass z.B. Windstromproduzenten bei gleichbleibenden Kosten den hohen Börsenpreis für Strom kassieren, gegen niedrige Börsenpreise durch Garantiezahlungen vom Steuerzahler aber abgesichert sind. Es wird ihnen sogar Strom vergütet, den sie gar nicht produziert haben, etwa wenn wegen Stromüberproduktion Anlagen aus dem Wind genommen werden. Dies führt offensichtlich dazu, dass für Flächen mittlerweile Pachterlöse in astronomischer Höhe bezahlt werden können. Die Beträge bewegen sich zwischen 150.000 bis fast 300.000 Euro pro Windrad selbst im Schwachwindgebiet Rhein-Neckar-Kreis. Diese gewaltigen Summen schienen sogar dem Windprojektierer Jürgen Simon unverständlich. Er konnte sich nicht vorstellen, dass dieses Geld jemals mit dem zu erwartenden Windertrag zu erwirtschaften sei. Manch einem Bürgermeister und vielen Gemeinderäten stehen bei diesen Beträgen jedoch die Dollarzeichen in die Augen geschrieben. Für die Teilnehmer des Diskussionsforums war aber alleine der Krieg in der Ukraine bzw. Putin für die hohen Strompreise verantwortlich. Laut dem Grünen Staatssekretär Baumann muss man sich vom „unzuverlässigen Gas aus Russland unabhängig machen und stattdessen auf eine zuverlässige Stromversorgung, hauptsächlich basierend auf Wind,“ setzen.

Für den Rhein-Neckar-Kreis und den Odenwald bedeutet das langfristig eine flächendeckende Komplettindustrialisierung durch die Windindustrie. Moderne Windanlagen erreichen derzeit eine Höhe von 300 Metern! Ihre gesicherte Energieleistung beträgt genau null Kilowatt. Strom muss jedoch millisekundengenau in dem Moment erzeugt und bereitgestellt werden, wo er nachgefragt wird. Deswegen steht hinter jedem Windrad ein konventionelles Kraftwerk als Backup. Das und die permanenten Eingriffe ins Stromnetz zum Verhindern von Blackouts treiben die Kosten für den Stromverbraucher in Schwindel erregende Höhen. Dabei ist es vollkommen egal, dass der Windstrom so günstig erzeugt werden kann. Zwei parallele Stromsysteme kann sich auf Dauer niemand leisten. Versucht man zusätzlich noch, den Strom in Wasserstoff umzuwandeln, um ihn zu speichern, wird er praktisch unbezahlbar. Darauf angesprochen, meinte Amany von Oehsen, dass sich die Menschen darauf „halt einstellen“ müssten.

Dies alles vor dem Hintergrund, dass sämtliche Ausbaumaßnahmen der Windkraft im Land keinerlei messbaren Effekt auf das Klima haben, dafür aber die Lebensqualität sowie Natur und Umwelt in der Region ruinieren. Der Ausbau wird sich hier hauptsächlich auf die ländlichen Gebiete konzentrieren. Einen freien Blick ohne eine Windindustrieanlage wird es in naher Zukunft nur noch in den Städten geben.

Vorstand Lebenswerter Odenwald Heiligkreuzsteinach e.V.
Martina Gaudes – 1. Vorsitzende